Film • Theater • Regie
Konzeptionelle Überlegungen
Die Nacht kurz vor den Wäldern wurde als 35-minütiges Solostück für den Tag der offenen Tür 2007 am Schauspiel Leipzig konzipiert. Hierfür wurde eine Textfassung erstellt, die bewusst Motive des Originaltextes ausklammerte sowie neue Texte hinzufügte zugunsten des Kernmotivs, eine Außenseiterfigur in der versuchten Revolte zu entwerfen. Für die Arbeit wurde zwei Tage geprobt, hiervon am zweiten Tag öffentlich im Rahmen des Tages der offenen Tür. In Vorbereitung dieses Probenwochenendes fanden mehrere Gespräche sowie Leseproben statt. Des Weiteren wurden Videoaufnahmen gemacht, die Grundlage waren für einen in der Aufführung gezeigten 3-minütigen Videofilm. Ort der Aufführung war die ehemalige, aber seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr genutzte Kegelbahn im Keller des Schauspiel Leipzig. Die Kegelbahn besteht aus zwei nebeneinander liegenden Räumen (jeweils ca. 30 m lang und 3 m breit), die durch eine Wand mit sechs eingelassenen Fenstern voneinander abgetrennt sind. Dadurch konnten inhaltlich zwei Räume definiert werden: ein Wohnungsbereich sowie ein Straßenraum. Der Schauspieler spielte in beiden Räumen. Die Zuschauer hielten sich nur im Straßenraum auf, konnten aber durch die Fenster in die Wohnung der Figur blicken. Auf die beiden Stirnseiten des Straßenraumes wurden während der Aufführung − Werbetafeln zitierend − Videoprojektionen eingeblendet.
Im Zentrum der Proben stand die Arbeit an einer Figur, die sich − getrieben von einem diffusen Gefühl der Bedrohung und Undurchschaubarkeit der Welt − anmaßt, eben diese Welt und ihre Mechanismen erklären und letztlich gegen sie revoltieren zu können. Angelegt wurde die Figur als jugendlicher Untergrundkämpfer, der sich außerhalb normaler bürgerlicher Lebensformen eingerichtet hat und Möglichkeiten des guerillamäßigen Widerstandes gegen das von ihm verabscheute System durchspielt. Inszenatorisch suchten wir hierfür nach Formen jugendlicher Alltagskultur, die Ausdruck eines Unbehagens und Abgrenzens gegenüber einem scheinbar übermächtigen Establishment sind. So benutzten wir beispielsweise das Graffitisprayen (szenisch wie auch als Projektion) oder zeigten in einer Videoeinspielung, wie die Figur Schaufenster in der Stadt mit Folien verklebt, um nicht mehr den Verführungen der Werbung ausgesetzt zu sein. Ebenso suchten wir nach Formen der gesuchten Provokation und Übertretung, die sich in bewusst ausgestellten Zerstörungen manifestieren wie auch in der Darbietung politisch inkorrekter Denkmuster und einem Spiel mit sexuellen Codes.